Rede zum Haushalt 2018

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Heß, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herrn der Verwaltung, werte Gomaringerinnen und Gomaringer (einschließlich StockacherInnen),

mit Spannung erwartet und nun liegt er ganz realistisch vor: der erste doppische Haushalt.

Erwartungsgemäß weckt er uns an der einen und anderen Stelle auf, weil wirtschaftliche Wahrheiten deutlich mehr in den Vordergrund treten. Und die Umsetzung des Grundsatzes, dass jede Generation ihren Ressourcenverbrauch wieder selber erwirtschaften muss zeigt uns, dass das Prinzip „Nachhaltigkeit“ nun einen breiten Konsens hat, weil die Reform in 2009 zu Zeiten einer Schwarz-Gelben Regierung bereits auf den Weg gebracht wurde. Auch wenn ich mich langsam in den Haushalt „eingroove, so sehe ich doch, dass man manches auch nicht sieht (wie Sie sehen, sehen Sie nichts!); nämlich die Zusammensetzung vieler einzelnen Positionen. Das verhindert auch, dass wir fundiert in der Lage sind, Einsparpotenzial und Einsparung als Finanzierungsleistungen zu benennen. Auch ist es natürlich kaum vermittelbar, dass wir einen guten cash flow haben, jedoch ein negatives Ergebnis aufweisen. Wie man die Tatsache, dass jede Investition zu einen weiteren Delta diesbezüglich führt, wenn wir doch eigentlich das Geld haben, diese Investitionen zu bezahlen oder hierfür aufgenommene Kredite seriös tilgen können......wie man das den Menschen (und auch uns) erklären kann....das fragt sich noch.

Die Gemeinde wächst, auch durch Geburtenüberschuss; auch durch den Beitrag einzelner von uns ????. Geburtenüberschuss: dieser technische Ausdruck verdeckt, dass es sich um Menschen handelt, für deren Wohl und Wehe wir mit verantwortlich sind.

Wir werden mehr und wir müssen unsere Ressourcen einteilen. Umso klarer ist deshalb, dass wir noch mehr unsere Ziele und Aufgaben definieren müssen, um unseren Weg nicht aus den Augen zu verlieren.....um uns nicht zu verfransen.

Umso mehr freuen wir uns, dass nun eine Ahnung am Horizont sichtbar wird, dass gemeinsam mit den Einwohnern und Einwohnerinnen....ein Ortsentwicklungsplan entwickelt werden soll.

Wohin gehen wir? Wohin wollen wir? Wird unser seit Jahren eingeforderter Bürgerbeteiligungsprozess – unabhängig von einer konkreten Projektplanung – vom Traum zur Wirklichkeit? Wir freuen uns, dass es uns gelungen ist, diesen Samen in der Gemeinde zum erblühen zu bringen. Dass wir nun endlich auch eine personelle Bündelung auf dem Rathaus bekommen, freut uns besonders und halten wir für unabdingbar für das Gelingen.

Die EinwohnerInnen mitnehmen; das war und ist unser Anliegen. Ein Leitfaden wurde erarbeitet. Durch unser Zutun wurde aufgenommen, dass ein Schritt 0 eingefügt wurde....die Initiierung von Bürgerbeteiligung vor Entscheidung für ein bestimmtes Projekt.

Dennoch gefällt uns auch die gezielte Einbeziehung von Einwohnerinnen und Einwohner anlässlich der Straßengestaltung Lindenstraße/Bahnhofstraße. Jedoch verlief die erste Einbeziehung etwas leise und wurde im Ergebnis uns noch nicht dargestellt. Wir wünschen uns einfach, dass die Mechanismen zur Aktivierung der Gomaringer Menschen, die im Trialogpapier benannt sind, noch stärker zum Einsatz kommen. Insbesondere denke ich – penetrant wiederholend – an den Zufallsbürger. Wie wir in diesen Tagen lesen konnten, hat Metzingen damit erheblichen Erfolg. Die Menschen beteiligen sich und die Ideen sprudeln. Nachdem 30.000,00 € eingestellt sind, muss sich bei noch einiges bewegen lassen!

Eine große Aufgabe ist und bleibt die Tatsache, dass wir unseren Beitrag zu einer integrativen Gesellschaft leisten müssen. Eine Gesellschaft, die sich identifiziert mit sich, die Niemanden zurück lässt. Eine Gemeinschaft der Verschiedenen. Nur so lässt sich der soziale Friede und damit natürlich auch der Wohlstand, im Sinne eines für alle auskömmlichen Lebens erhalten. Sozial abgesichert, in einer3 solidarischen Gemeinschaft und einer lebenswerten Umwelt. Dabei dürfen wir Soziales und Ökonomisches nicht gegeneinander ausspielen.

Integrative Gesellschaft. Nein, es sind nicht nur die Geflüchteten, die wir in unserer Gemeinschaft aufnehmen müssen, es sind alle, die nicht von alleine oder wenn Sie so wollen, von Haus aus, mit sozialer und wirtschaftlicher Sicherheit ausgestattet sind. Mit einem intakten Zuhause (in welcher Familienstruktur auch immer).

Dazu ist die Bildung, die auch von der Verwaltung stark priorisiert wird, auch ein wichtiger Baustein. Ohne Bildung keine Teilhabe. Ohne Bildung entsteht schnell der Gedanke, zurück gelassen zu werden.

Dazu gehört aber nicht nur die Zurverfügungstellung finanzieller Ressourcen. Wichtig ist auch die Ausgestaltung der Bildung. Mit der Erweiterung unserer Bildungslandschaft durch die Gemeinschaftsschule haben wir hierzu die richtige Gestaltung gewählt. Das beschreibt auch die ganz neue Pisa Studie, die feststellt, dass der Anteil sozial schwacher Schüler mit soliden Leistungen in Deutschland deutlich gewachsen ist, wie in kaum einem anderen Land. Die klaren Gründe: mehr Ganztagsschulen; mehr gemeinsamer Unterricht mit bessergestellten Schülern. Es brauchte halt ein wenig Zeit und die Gegner der Gemeinschaftsschulen wollten diese zu früh bestatten.

Umso schmerzhafter sind die Versuche, diesen Erfolgsweg nunmehr zu bremsen bzw. zu konterkarieren. Keineswegs empfinde ich die Gründung einer neuen Realschule als eine Bereicherung der Schullandschaft. Es war von Anfang an klar, dass die GMS nur klappt, wenn Schüler aus allen sozialen Umfelden hier gemeinsam lernen. Deshalb sollte auch neben der Gemeinschaftsschule kein G9 Gymnasium stehen, die SchülerInnen sollten über die Gemeinschaftsschule zu einem G 9 Abschluss kommen. Ich selber hätte gerne auch das Gymnasium insgesamt in die GMS einbezogen; das war aber wohl zu idealistisch. Wenn nun die ökonomisch und sozial beschenkten Schülerinnen und Schüler (die neue Realschule kann sich nicht Jede und Jeder leisten), verpufft der Effekt. Das ist auch gewollt, weil hinter der Neugründung genau jene Initiative steht, die bereits zu Beginn die GMS zu Fall bringen wollte. Von der Notwendigkeit, Bildung konfessionsunabhängig anzubieten, ganz zu schweigen (die neue Realschule grenzt weniger begüterte und anderweitig oder nicht konfessionell orientierte aus). Das „Opfer“, wenn es denn eines ist, der Ganztagsbeschulung (bis 16:00 Uhr – aber danach sind sie weitestgehend fertig mit den schulischen Aufgaben!) hätte ich wenigstens unter dem Aspekt der „Nächstenliebe“ von diesen Initiatoren erwartet.

Die Gerechtigkeit ist nichts anderes als die Nächstenliebe der Weisen (Gottfried Wilhelm von Leibniz). Und: Privilegien aller Art sind das Grab von Freiheit und Gerechtigkeit (Johann Gottfried Seume).

Und seien wir weiter ehrlich: ohne das Flüchtlingsnetzwerk und die unermessliche ehrenamtliche Arbeit hinge die Verwaltung ganz schön am Fliegenfänger! Umso mehr erwarten wir die reibungslose Abwicklung der zugunsten der Arbeit des Netzwerkes einbezahlten Spenden. Es kann nicht sein, dass diesbezüglich so erhebliche bürokratische Hindernisse eingebaut sind; die Menschen des Flüchtlingsnetzwerkes leisten ihre Arbeit auch ohne Rücksicht auf ihre Grenzen.

Im Kinderbereich investieren wir kräftig; jedoch scheint uns der Ansatz und die Ausgabe beim Umbau des Kindergarten Rossbergstraße mit über einer halben Million doch heftig. Die Machbarkeitsstudie kennen wir nicht (warum eigentlich?); also fehlen uns wichtige Grundlagen.

Festgelegt sind wir längst, was unser Jahrhundertprojekt Dienstleistungszentrum angeht. Im Augenblick sieht es so aus, als könne der zähneknirschend erarbeitete Kostenrahmen zumindest gehalten, wenn nicht gar unterschritten werden. Wir bitte deshalb darum, im Auge zu behalten, dass uns versprochen wurde, für diesen Fall die Fotovoltaikanlage nebst Speicher zu erweitern.

Was die Ressourcenplanung im energetischen Bereich angeht, so brauchen wir auch hier eine Grundstruktur und einen Ablauf, den wir mit unserem diesbezüglichen Antrag anstoßen möchten. Wir sind dann auch nicht mehr darauf angewiesen, quasi kurzfristig und auf Grund einer „spontanen“ Entscheidung, Maßnahmen zu schieben und umzuschichten und leisten unseren unabdingbaren Beitrag zum Klimaschutz.

Und es ist keineswegs so, dass wir dem Bauamt nicht alles zutrauen. Jedoch glaube ich, dass dieses sich über die spezialisierte Unterstützung freuen würde.

Eigentlich wollten wir noch einen Antrag stellen, neue – aktuelle - Energieausweise für sämtliche Gebäude zu erstellen......wir halten diese für ein äußerst wichtiges Werkzeug......wir haben vorerst davon abgesehen....jedoch ist aufgeschoben nicht aufgehoben.....wenn die Verwaltung nicht selbst noch die Notwendigkeit einsieht und das umsetzt.

Zusätzlich machen wir uns bereits seit längerem Gedanken darüber, was wir als Beitrag gegen das Insektensterben leisten können. Heute lese ich, dass Kommunen – auch aus unserer Umgebung – dafür vom Bund prämiert und gefördert werden. Wir regen deshalb an, dass sich auch die Verwaltung mal diesbezüglich Gedanken macht.

Die Menschen mitnehmen. Ja, das müssen wir. Und wir müssen lernen, eine weniger bürokratische Sprache zu sprechen. Dazu ist Verwaltung ja auch verpflichtet. Es darf einfach nicht passieren, dass eine Anordnung an Geflüchtete, in eine bestimmte Wohnung zu ziehen, so kompliziert geschrieben ist, dass nicht einmal die Paten es verstehen.

Das wäre erheblicher Beitrag zu einer integrativen Gesellschaft, zur Inklusion, zur Barrierefreiheit....Leichte Sprache macht das Leben leichter. Wir würden uns freuen, wenn Gomaringen das auch anpacken würde....auch nach dem Vorbild Mössingens. Wir möchten das nicht förmlich beantragen, jedoch habe ich noch einen Tipp: besuchen Sie mal die Seite von Frau Sara-Krishna Helmle (ein Name, der in sich schon integrativ klingt), die auf diesem Weg begleiten kann. Sie hat auch die barrierefreie Ausfertigung der Imagebroschüre des Freundeskreis geschrieben (https://www.leicht-verstehen.de).

In diesem Sinne......danke fürs Zuhören.

 

Petra Rupp-Wiese
Fraktionsvorsitzende der Grünen Liste
Gemeinderatsfraktion
(Es gilt das gesprochene Wort)

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