Rede zum Haushalt 2025
(Es gilt das gesprochene Wort – gelb hinterlegt ist womöglich nur geschrieben)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Heß, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, sehr geehrte Menschen aus Gomaringen und auch guten Abend an die Presse,
der Haushalt 2025 gestaltet unsere Zukunft, entwickelt sich aber auch aus der Vergangenheit und den allgemeinen Rahmenbedingungen, weshalb wir einen Moment Abstand nehmen müssen, um draufschauend alles in den Blick zu nehmen. Abstand nehmen heißt: mal raus aus dem alltäglichen Abarbeiten zu einem globaleren Blick, denn wir leben hier schließlich nicht in einer Blase, die in sich geschlossen ist. Und es sind sowohl allgemeine „Befindlichkeiten“ Gomaringens (man könnte auch sagen die soft skills) zu betrachten und nicht nur die harten Zahlen, Daten, Fakten; von denen wir kommen und zu denen wir gehen. Die einzelnen Zahlen wurden zur Genüge aufgelistet; eine Wiederholung erübrigt sich also.
Deshalb möchte ich zunächst auf die Grundlagen schauen, die uns persönlich leiten. Wir alle hier, ich eingeschlossen, orientieren uns an Grundwerten, die wir versuchen umzusetzen und denen wir versuchen, gerecht zu werden. Deshalb würde es zu kurz greifen, manche ideologisch zu verschubladen oder zu etikettieren; bzw. nur Einzelne mit dem vermeintlich höchsten Lob der Ideologiefreiheit zu bedenken. So etwas könnte kontraproduktiv im Hinblick auf eine konstruktive Zusammenarbeit sein und verkennt, dass auch der sogenannte gesunde Menschenverstand nicht frei von entwickelten und kulturell geprägten Werten ist, die sich auch unterscheiden. Auch eine religiöse Herleitung ist im Übrigen eine Weltanschauung, kann radikale Elemente enthalten und erhebt sich nicht über eine andere Werteorientierung.
Vor allem aber müssen wir uns, auch hier in Gomaringen, auch im Gemeinderat, daran messen lassen, wie wir mit Menschen umgehen. Wie wir miteinander umgehen. Wie wir mit Menschen umgehen, die nicht schon immer hier gelebt haben.
Ernst Ferstl: „Es gibt zu viele Flüchtlinge, sagen die Menschen. Es gibt zu wenig Menschen, sagen die Flüchtlinge“….eine Regelung der Migration muss sein …..und gibt es auch schon, wenn auch möglicherweise verbesserungswürdig. Aber der schnell nach manchen Ereignissen laut formulierte Ruf nach Abschiebung und Zurückweisung erfolgt oft ohne Analyse der genauen Defizite, ohne Beachtung auch der gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Gründe für Migration, ohne Beachtung auch der uns geschichtlich auferlegten Verpflichtung, und finden auch oft keine Entsprechung im Europarecht und in unserem Grundgesetz. Eine Instrumentalisierung bedauerlicher Vorfälle in Deutschlang ist verachtenswert, impliziert, dass nahezu alle Gewalttaten auf Migrant*innen (wobei auch hier das Gewaltverbrechen meistens männlich ist) zurück zu führen sind und lenkt ab von anderen Problemen. Impliziert auch, dass die Migration unser Hauptproblem sei (die Wurzel allen Übels) und eine schärfere Gangart bei der Migration alle unsere Probleme löse. Oft scheitert die Anwendung geltenden Rechts an außerhalb unseres Einflussbereichs liegenden Gründen, wenn z.B. Gambia keine Charterflüge mehr landen lässt, oder aber auch an Behörden internen Problemen….und da soll man doch zunächst rangehen und selbstkritisches Hinterfragen nicht dadurch unmöglich machen, als dass man Gelegenheit gibt, alles Migranten und Migrantinnen allgemein zu abzuladen. Und unser Selbstverständnis bedingt es auch, den Menschen, die auf Grund von Krieg- und Verfolgung zu uns kommen, grundsätzlich erstmal Schutz zu gewähren. Stichwort „irreguläre Migration“: was soll denn das sein? Jede/r der/die aus oben genannten Gründen zu uns kommt überschreitet die Grenze ohne Aufenthaltsstatus und erlangt diesen erst durch Antragstellung hier. Wir müssten ja dann auch Lager an den Grenzen bauen, wenn diese dort zurückgehalten werden sollen. Somit könnten ja gar keine geflüchteten Menschen mehr zu uns kommen und außerdem hätten wir dann eine reine Arbeitsmigration, was unserem Grundgesetz nicht entspricht. Vor Ort sind wir in unseren Regelungsmöglichkeiten beschränkt; können jedoch einen wichtigen Beitrag dadurch erbringen, dass wir Integration leisten und Bewusstsein gegen Ausgrenzung - vielleicht sogar der wichtigste Beitrag überhaupt im Zusammenhang dieser Thematik. Und ich bin froh, dass sich Gomaringen hier vorbildlich engagiert - Jede/r einzelne von unsund eine entsprechende Stelle in der Verwaltung hat, die mit Frau Alate sehr engagiert besetzt ist und wir hoffen auch, dass das Flüchtlingsnetzwerk weiterhin engagierte Menschen anzieht. (Ausgrenzung: Beispiel Sally Adamson, der aus den Vereinen ausgeschlossen wurde, nicht mehr praktizieren durfte und dem man die Teilnahme am öffentlichen Leben verbat, sowie das Essen im Bahnhof. Und das Ganze war vom Gemeinderat abgesegnet. So etwas möchte ich sicherlich mal nicht in Protokollen aktueller unserer Sitzungen lesen müssen).
Von einem „die Arme strecken und wir können nicht mehr“ wurde erfreulicherweise abgesehen; es wäre kein Schritt zu einer Lösung gewesen und hätte im Gegenteil nur Menschen ermuntert, sich gegen die geflüchteten Menschen und gegen die für diese gefundenen Gestaltungen zu wenden. Aber wie sagt Ferstl: „Für überdurchschnittlich viele Menschen ist es (und 3 ich sage: leider) eine Herzensangelegenheit, sich anderen Menschen überlegen zu fühlen“. Liegt die Ablehnung dieser Menschen also daran?
Und ich betone nochmal: auch aus ökonomischen und nicht nur aus menschlichen und moralischen Gründen können wir uns Rassismus und Fremdenhass sprichwörtlich nicht leisten. Es ist ein schlechtes Signal nach außen (ausländische Investoren; Fachleute, die zu uns wollen; Auszubildende, die angeworben werden…), und es wirkt auf diejenigen, die uns hier u.a. in sozialen und medizinischen Bereichen und auch in marginalisierten Berufen unentbehrlich geworden sind. Auch das hat einen direkten Bezug zum Ort. Das sehen die meisten erst, wenn die Mülltonnen stehen bleiben. Wir sollten uns also nicht von Argumenten leiten lassen, die auf Vorurteilen und Falschnachrichten basieren.
Am besten begegnet man ohnehin Vorurteilen, indem man sie faktenbasiert beleuchtet. Das erfordert Bildung in allen Bereichen. Deshalb wiederholen wir seit Jahren gebetsmühlenartig, dass Bildung ein unverzichtbarer Baustein unseres Lebens und der Gesellschaft ist. Nicht nur im Hinblick auf die Lebensqualität des Einzelnen und als Mittel gegen geistige Verarmung, aber auch fiskalisch, da dadurch erhebliche Kosten gespart werden, die uns Unbildung beschert (die dann erforderliche Sozialversorgung; Kriminalität…). Insbesondere auch Demokratiebildung und Medienkompetenz sind ein bisher vernachlässigter Bildungsbereich. Wenn auch längst nicht nur gender studies gelehrt wird, wie doch aus blauer Ecke behauptet wird.
(Exkurs: ich bedaure, dass es Gomaringen nicht schafft, die ursprüngliche Ansage der Verwaltung zur Sichtbarmachung aller Menschen in der Sprache umzusetzen……mir wäre das immer noch wichtig, auch wenn ich mich diesbezüglich in letzter Zeit zurückgehalten habe).
Zurück zur Schule: Das einzige, das mich mit der Tatsache versöhnt, dass nun wieder G9 eingeführt wird, ist die Tatsache, dass in den inhaltlichen Konzepten dazu nun diesem Bereich deutlich mehr Raum gegeben wird. Und das ist doch tatsächlich jetzt gerade äußerst wichtig, nachdem sich Teile der Regierung dem Demokratieförderungsgesetz entgegengestellt haben, also dem Gesetz zur Stärkung von Maßnahmen, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politische Bildung, also einer Stärkung der Zivilgesellschaft (übrigens ein Gesetz aus 2021 von Horst Seehofer – das waren noch Zeiten bei der CSU…).
Einen neuerlichen Ausbau der abgrenzenden Schullandschaft halte ich allerdings für absolut nicht weiter zielführend, wenn die Gesellschaft zusammengeführt werden soll. Es fördert nämlich das „sich besser fühlen“ und legitimiert das Herabschauen auf Andere. Eine Chance sehe ich gerade in der individuellen Ausdifferenzierung; eine Chance für die einzelnen Schülerinnen und Schüler, die nicht in jedem Bereich gleich gut sind, aber auch für diejenigen, die ihre Sozialkompetenz weiterbringen können, indem sie sich als Team begreifen; nie versteht man selbst etwas besser, als wenn man es Jemandem erklären soll. Wenn nun die Werkrealschule nicht mehr gefördert werden soll, sehe ich das als Chance, dieser Zersplitterung etwas entgegenzuwirken. Gleichzeitig sind auch Gründe, die immer für ein Festhalten an der WRS angeführt wurden, u.a. die Ortsnähe, durch die überhälftige Belegung durch Auswärtige weggefallen.
Wir haben eine starke Gemeinschaftsschule und deshalb sollten wir für Gomaringen den eindeutigen Beschluss fassen, dass keine Sekundarstufe mehr vor Ort geführt wird. Ein Verzicht auf eine eigene Sekundarstufe in Gomaringen, und erst recht auf einen zusammengemurksten 4 Verbund mit irgendeiner Realschule, ist hier vor Ort - ohne Leistungsverlust in der Bildung ohne Weiteres darstellbar. Völlig abgesehen davon, dass finanziell nichts Anderes möglich ist.
Lasst uns also unsere Gemeinschaftsschule weiter stärken; sie bietet alle Abschlüsse und muss sich vielen Falschannahmen widersetzen, denen wir entgegenwirken müssen. Und auch die mangelnde Befassung mit dem pädagogischen Konzept ist ein Problem. Und wenn man von „Rückkehrern“ spricht, statt von „Wechslern“, verstärkt das nur die Fehleinschätzung dessen, was die GMS leistet. Wie gesagt: wir sollten deshalb nicht mit allen Mitteln (oder eben gerade mit nicht vorhandenen Mitteln) nach einer weiteren Sekundarstufe hier bei uns suchen, und mit hier bei uns meine ich sowohl Gomaringen als auch den Höhnisch. Davon abgesehen, dass Gomaringen isoliert sich erst recht nicht weiter abgrenzen sollte. Mia san mia sagen die Bayern, und mir send dr Höhnisch sage ich. Und wir schließen es nicht aus, diesbezüglich einen längst vorbereiteten klarstellenden Antrag auf Schließung der Sekundarstufe in Gomaringen zu stellen, um zu verhindern, dass weitere Kraft und Geld in einen nicht zielführenden Weg gesteckt werden.
Und ja, natürlich, das Konnexitätsprinzip sollten wir weiter einfordern. ….immerhin wurde aber der Digitalpakt verlängert.
Und ich hoffe, vor allem deshalb, dass die nächste Regierung dem Vorstoß von Robert Habeck folgt und endlich eine Vermögenssteuer mindestens für Milliardäre einführt. Viel zu lange wurden die Superreichen grundgesetzwidrig zu wenig am Beitrag für das Allgemeinwohl beteiligt. Und nein, auf sie ist nicht etwa, wie Christian Lindner meinte, Rücksicht zu nehmen, weil sie dafür schwer gearbeitet hätten. Sie haben sicher gearbeitet; aber solche Summen generiert man nur mit Kapital, das für einen arbeitet. Und nein, das ist keine Frage des Neids, sondern der blanken Notwendigkeit. Tax the rich, wie jetzt sogar schon einige Reiche und Superreiche fordern. Und das ist auch für uns relevant, da wir zum einen daran beteiligt werden möchten, aber auch – zu Recht – immer wieder nach Bund und Land rufen, die sich ja auch finanzieren müssen, insbesondere, da im nächsten Jahr sonst mit 13 Mrd. weniger Einnahmen bei Bund und Ländern gerechnet werden muss. Und wenn die Vermögenssteuer noch über die Milliardär*innen noch weiter ausgeweitet würde, schon also bei einem Vermögen von über 100 Mio. Euro Vermögen greifen würde, wären das 17 Mrd. Euro mehr Einnahmen. Ja, ich möchte diese Forderung an den Bund benennen, da wir ja bekanntermaßen nicht in der Lage sind, ausreichend eigene Einnahmen zu generieren. Übrigens ist der Ansatz, Haushaltslöcher mit dem Bürgergeld stopfen zu wollen, reine Augenwischerei…schon rechnerisch würden zu wenig Einnahmen generiert. Eine Kürzung des Bürgergelds berücksichtigt zudem nicht unsere verfassungsrechtliche Verpflichtung, das Existenzminimum zu gewährleisten. Und ist konjunkturell zu kurz gedacht…Ausführungen hierzu würden hier aber zu weit führen. Nur so viel: eine Kürzung wirkt sich unmittelbar negativ auf die Arbeitsmarktpolitik und auf das Wachstum aus. Ziel muss es auch sein, Menschen zu motivieren. Und die angekündigte Maßnahme der neuerlichen Einführung des Vermittlungsvorrangs ist sowohl dafür (für die Motivation) durchaus ungeeignet als auch dazu, Menschen langfristig und nachhaltig wieder in Arbeit zu bringen. Dass das aber gelingen kann, zeigt die Tastsache, dass es wir immer noch unter dem Stand von 2015 liegen, trotz mittlerweile der Geflüchteten aus der Ukraine. Totalverweigerer sind übrigens erst recht kein wirtschaftlich relevanter Faktor (16000 Menschen im ganzen Bundesgebiet; 0,4 % aller Bürgergeldempfänger). 5 Auch ich habe die Erforderlichkeit des Rechtskreiswechsel bei ukrainischen Geflüchteten übrigens erst nachvollzogen und eingesehen, nachdem ich mich mit den Hintergründen befasst habe. Für die Menschen vermeintlich verständlich werden durch die Kritik wichtige Informationen außen vor gelassen. Ich überlasse es euch und Ihnen, dafür eine Bezeichnung zu finden. Ich würde es Populismus nennen. Man hat diese pragmatische Lösung gewählt, um sich 100.000e Asylverfahren zu ersparen, deren Ausgang bereits bekannt ist. Sonst soll doch auch immer auf Verschlankung der Bürokratie geachtet werden.
Mit Windkraft können wir nicht nur einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten (Californien brennt! Und nein, es liegt nicht daran, dass die Feuerwehrleitung transgender ist) , sondern auch günstigen Strom für die Bewohner*innen erzeugen und es eröffnet uns die Möglichkeit, für die Kommune aber auch für die Einzelnen Finanzmittel zu generieren. Ich hoffe, dass nicht faktenbasierte Einwendungen der Bedenkenträger*innen nicht die Oberhand gewinnen und trotz der leider erforderlichen Notwendigkeit der Herstellung der Verteidigungsbereitschaft, noch ein Standort für uns übrigbleibt.
Ich bedaure, in diesem Zusammenhang, dass das Nahwärmenetz in Hinterweiler wohl nicht mehr verwirklicht werden kann; vielleicht findet sich ja doch noch ein entsprechender Ansatz an einem anderen Ort. In der kommunalen Wärmeplanung müssen wir einfach auch vorankommen. Unser Nachbarort ist da viel weiter.
Das alles ist aktiver Klimaschutz; wir brauchen jedoch auch passivem Klimaschutz, also Klimafolgenanpassungen, weshalb wir die Verwaltung bestärken in ihrem Vorgehen betreffend den Ausbau der Hochwasserschutzmaßnahmen. Auch die verbesserte Ausgestaltung der Baumpflanzungen wie z.B. in der Ziegelgrubenstraße sind ein Weg, den wir nicht aus dem Blick verlieren dürfen; so wie Baumpflanzungen überhaupt, die wir, wo innerörtlich möglich, verwirklichen sollten. Ein abschreckendes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die neu gestaltete Ortsmitte in Mössingen, wenn auch von dort unsere Idee für einen Trinkwasserbrunnen kommt. Diese konnten jedoch leider nicht in der von uns gewünschten Form umgesetzt werden.
Die Frage lautet nicht: was können wir uns noch leisten; sondern: was können wir uns nicht leisten zu vernachlässigen.
Und wir dürfen nicht sparen, um des Sparens willen. Es wird immer gesagt, wir dürften den folgenden Generationen keine Schulden überlassen. Das ist gut gemeint, aber nicht gut, da zu kurz gedacht. Wenn wir der kommenden Generation stattdessen ausreichende Bildung versagen (und für die äußeren Rahmenbedingungen sind wir zuständig) oder eine desolate Infrastruktur überlassen (auch die, die unter der Erde liegt…Wasser-/Abwasserleitungen….), überlassen wir unseren nachfolgenden Menschen weitaus mehr Belastung und Verbindlichkeiten. Es kommt nicht nur auf die Ausgeglichenheit des Haushalts an! Die Schulden liegen dann einfach woanders. Das ist nicht der Weg! Sparen um des Sparens willen ist eine Zukunftsbremse! Wenn es die Konjunktur nicht hergibt, so müssen wir trotzdem (antizyklisch) investieren (übrigens auch wieder ein Konjunkturmotor), was ja auch die Schuldenbremsen von Bund und Ländern vorsehen. Bis auf Bayern sehen übrigens alle Länder wie auch der Bund eine Konjunkturkomponente vor, die mehr Nettokreditaufnahme in konjunkturell schlechten Zeiten zulässt. Selbst die klischeehafte schwäbische Hausfrau würde auf ihr Gespartes zurückgreifen, wenn das undichte Dach nicht aus den laufenden Einnahmen repariert werden könnte, und würde es nicht unrepariert lassen.
Übrigens wird das Wort Wachstum als Allheilmittel gerne mal so einfach in die Runde geworfen. Wenn aber nicht dafür gesorgt wird, dass es auch bei allen ankommt, ist es auch Etikettenschwindel. So ist das Wachstum in den 00er Jahren, bei den unteren 30 % gar nicht angekommen; die Löhne haben stagniert oder waren manchmal sogar faktisch rückschrittig. Und: Wachstum muss auch qualitativ gestaltet sein! Nicht: höher, größer weiter, sondern besser! Wie war das nochmals mit der Erkenntnis, dass man Geld nicht essen kann?
Wir dürfen unsere Infrastruktur (auch die nicht, die unter der Erde liegt) keineswegs kaputtsparen. Gut, dass diese Aufgabe zu den Pflichtaufgaben gehört, sonst bestünde die Gefahr, dass man sie, weil nicht sichtbar, leicht vergessen könnte. Lobenswert ist deshalb auch, dass der Kämmerer auch die Unterhaltskosten und zukünftige Sanierungen im Blick und im Haushalt hat. Das ist aktiver Umweltschutz und es gilt also: nicht jammern, machen!
Bedarf Wachstum immer weiterer Gewerbegebiete und weiterer Wohngebiete? Wäre es nicht auch ein Weg, bestehende Gewerbegebiete verträglich in Mischgebiete umwidmen, damit auf bestehenden Gewerben einfacher Wohnungsaufstockung möglich ist.
Wir müssen unseren Außenbereich als Erholungsraum und für unseren Lebensmittelanbau schützen. Notwendigen Infrastruktur- und Energieprojekten muss dort dennoch Raum gegeben werden. Es ist einfach ein Abwägungsprozess.
So gut wie möglich müssen wir auch unsere innerörtlichen Flächen aktivieren. Dazu gehört auch Aufstockung, wo möglich, sosehr es auch einem dörflichen Bild entgegenstehen mag, Aber auch hier müssen wir uns der Realität stellen, nämlich dass Wohnraum unabdingbar ist.
Und wir müssen lenkend zur Aktivierung von leerstehenden Grundstücken beitragen.
Richtig ist, dass durch die Grundsteuerreform unbebaute Grundstücke überproportional teurer werden, weil eben der Boden jetzt eine deutliche Aufwertung im Verhältnis zur Bebauung erhalten hat; die Grundstücke also früher deutlich zu niedrig bewertet (wertgeschätzt) waren.
Eine gesonderte Kategorie - Grundsteuer C - würden wir dennoch gerne einführen; nicht, um diese Grundstücke jetzt im ersten Schritt nochmal erheblich teuer zu machen, sondern um die Sichtbarkeit herzustellen, dass diese Grundstücke eben unbebaut sind. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Bemühungen der Verwaltung auch in Einzelanansprache mit den Betroffenen eine Bebauung zu erreichen. Auch begrüßen wir ausdrücklich, dass die Gemeinde immer wieder Wohnraum erwirbt.
Bei jedem weiteren Wohnraumwachstum müssen wir das Erfordernis des Wachsens der Infrastruktur, der Schulen, der Kindergärten immer mitdenken und umsetzen.
Wir müssen wachsen in Aufenthaltsqualität und Begegnungsmöglichkeiten. Gerade auch um unser Miteinander positiv zu bestalten. Deshalb ist auch jeder Ansatz des Vereins „Gut Leben im Alter“ zur Schaffung einer Begegnungsstätte zu fördern. Das Gestalten und Ausweiten eines Aufenthaltsbereichs darf nicht im Hinblick auf das Auto „verteufelt“ werden; da müssen wir dringend an unserem mindset arbeiten. Natürlich heißt das nicht, dass wir nicht weiter in unsere Straßen investieren müssen…auch diese dürfen wir nicht kaputtsparen.
Zur Aufenthaltsqualität gehört auch das Thema Barrierefreiheit. Im Gegensatz zu unserem falschen bundesweiten Ruf sind wir nicht belehrend, sondern aufmerksam und ehrlich mit Blick auf das, was unsere Gemeinde voranbringt. Und wir können es auch zähneknirschend ertragen, 7 wenn die Verwaltung manche unserer Ideen als ihre reklamiert (wer hats erfunden, gell Herr Heß?)…aber wir möchten dann auch nicht mit Empfehlung auf Ablehnung unserer Anregungen bedacht werden, was nämlich eine gewisse Außenwirkung hat. Das demotiviert. Und nein, das war kein Missverständnis.
Also nochmal: Sparen ist kein Selbstzweck …rentierliche Schulden gibt es nicht nur bei Investitionen, sondern auch bei konsumtiven Ausgaben….denn z.B. Personal ist konsumtiver Invest. Und das Absehen von manchen Investitionen unter Verweis auf diesen Grund (Sparen) kann uns teuer zu stehen kommen.
Dies auch ein kleiner Wink in Richtung von euch, von der SPD, die hier unermüdlich versuchen, den Kürzungshebel anzusetzen. Und der reine Ruf nach Bürokratieabbau klingt übrigens gut….. bestechend: jedoch muss dabei immer geprüft werden, wo dies unschädlich möglich ist, ohne Umwelt- und Sozialstandards zu gefährden.
Ich betone das alles deshalb, um der Tatsache, dass gegebenenfalls Kredite aufgenommen werden müssen, das Schreckensbild zu nehmen. Wir in Gomaringen sind da immer noch ausgewogen unterwegs; sollten das aber im Hinterkopf behalten. Die letzte Darlehensaufnahme erfolgte ja im Jahr 2010 und wir konnten die Pro Kopf Verschuldung im Kernhaushalt erheblich reduzieren.
Wo müssen wir nun langsam in die Umsetzungsphase kommen:
bei der Nahmobilität: und bitte nicht immer unser Gedanke des Shuttleverkehrs wieder versehentlich hinten runter fallen zu lassen…….
beim Radwegekonzept: damit wir nicht immer wieder einzelne Teile gesondert diskutieren und angehen müssen. Wunderbar wäre es auch, wenn nicht nur die Sicherheit der Radfahrenden berücksichtigt würde, sondern sich auch Gedanken dazu gemacht würde, wie das Radfahren bequemer gestaltet werden könnte, um noch mehr Menschen auf´s Rad zu bringen. Dass es daran jetzt noch mangelt, wurde uns erst durch den Blick unserer noch mit frischer Energie auf das Konzept schauenden Kollegin klar. Wir brauchen endlich eine Struktur, damit wir nicht immer da und dort flicken müssen.
Bei der Stadtbahn müssen wir dranbleiben, nicht nur deshalb, dass ich später Mal mit Rollator noch mobil bleibe 😊.
Diese Stellungnahme möchte ich auch nutzen, alles Einwohnerinnen und Einwohnern zu danken,
die sich kümmern und engagieren, mit der Hand am Arm (Müllaufsammeln, Bauarbeiten bei Vereinen…), mit Ideen und Zeiteinsatz, selbst und eingebunden in Vereinigungen und Vereinen, in der Geflüchteten Arbeit, bei den Alten und Jungen und wo auch immer. Das erfüllt unser Gemeinwesen mit Farbe; fördert den sozialen Zusammenhalt und ist ein wichtiger Baustein gegen die auch unsere Seele verarmende Eingleisigkeit und gegen den Abbau der Demokratie. Unsere Gemeinwesen Stelle ist mit Regina Stiehle-Braun ein wichtiger Baustein.
Und ich danke gesondert auch den Jugendlichen, die sich beteiligen und mit denen ein wunderbares Jugendhaus geschaffen wurde. Das muss auf Dauer mit Leben gefüllt bleiben und Jugendliche müssen aktiv zu Beteiligung angeregt werden. Ich bitte nur dringend darauf zu achten, dass keinerlei Ideen der Jugendlichen ohne ernsthafte Betrachtung ihrer 8 Umsetzungsmöglichkeit bleiben. Wichtig ist es auch, dass sich die Jugendlichen an der Erinnerungskultur beteiligen, weshalb ich Frau Carbon, der Hausleitung in unserem Jugendhaus, in einer Mail von den großartigen Aktionen von Jugend Guides erzählt habe, die sich auf die Spuren von Dr. Sally Adamsohn begeben haben.
Wenn die Menschen sich vor Ort einbringen wirken sie auch einer sich immer mehr entwickelnden Vollkasko Mentalität entgegen. Alles schlecht reden bringt uns nicht weiter. Politik läuft auch auf der Kleinzellenebene der Gemeinde nicht nach dem Prinzip „die da oben, wir da unten“. Jedem und Jeder kommt eine Verantwortung zu, sich um die polis (Gemeinschaft) zu kümmern. Auch wenn die Gemeinde auch eine Dienstleisterin ist. Und, anders als manche Gomaringer und Gomaringerinnen denken, stehen wir (in dem Fall die Verwaltung und der Gemeinderat) nicht morgens auf und überlegen als erstes, was wir heute wieder machen könnten, um die Menschen in Gomaringen zu ärgern 😊. Und ja, manchmal geht es nicht ohne (scheinbare) Zumutungen für den Einzelnen, zugunsten unseres Allgemeinwesens. So müssen auch Gebührenerhöhungen sein und dazu stehen wir. Auch zu einer baldigen Anpassung des Eigenanteils an den Bestattungskosten und in anderen Bereichen.
Ja, der Weg, auch hier in Gomaringen eine lebenswerte Umgebung zu erhalten, erfordert Anstrengungen…ist anstrengend und zumutend. Das muss man benennen und dagegenhalten, wenn den Botschaftern der schlechten Nachricht wieder die „Schuld“ für alles gegeben wird. Mir ist eine harmonische Stimmung auch lieber und es erfordert auch von mir öfter Mut, etwas anzusprechen. Aber Harmonie darf eben nicht dazu führen, Sachen zuzudecken. Und ich wünsche mir, dass wir hier in der Lage sind, zwar deutlich aber sachlich ruhig und dennoch offen über Diskrepanzen zu reden. Das reine Ablehnen von Positionen „aus Trotz“ oder personenbezogene Ablehnung entspricht nicht der Haltung, die man von Gemeinderäten und Gemeinderätinnen erwarten darf und muss, und, was noch wichtiger ist, es bringt uns nicht weiter.
Ich denke, dass einfach auch die Perspektive entscheidend sein kann. Wir sollten nicht nur die Probleme sehen - natürlich müssen wir die Situation analysieren, aber nicht verharren in Jammern, sondern daraus eben entwickeln - also gemeinsam nach Lösungen suchen. Wir müssen den Blick auf das Positive lenken; auf das, was uns weiterbringt. Mit dem Blick auch auf die allgemeine Politik sage ich: Gruppierungen, die nur Probleme herbeireden, sich quasi darin suhlen; falsche Tatsachen befeuern und verbreiten, sich immer offener bekennen, dürfen wir nicht darin unterstützen, ihr zerstörerisches Werk fortzusetzen. Denen dürfen wir hier vor Ort keinen Boden bereiten.
Zum Schluss danke ich ausdrücklich der Verwaltung und Herrn Bürgermeister Heß. Wie wichtig eine gut eingespielte und motivierte Verwaltung ist, zeigt auch der (vermessene) Blick in die USA. Trump will die Verwaltung, seiner Ansicht nach ein Deep State, aushöhlen…..wer macht dann die Arbeit?
Wenn man etwas erreichen will, sucht man nach Möglichkeiten; wenn nicht, sucht man nach Gründen. Lasst uns gemeinsam nach Lösungen suchen!
In diesem Sinne. Danke für Ihre und eure Aufmerksamkeit.
Petra Rupp-Wiese
Für die Grüne Liste Gomaringen